Antikriegstag 2017, 1. September 2017, Heilbronn
Bernhard Löffler, DGB-Regionsgeschäftsführer
Nordwürttemberg
Liebe Friedensfreunde und Freundinnen,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Seit 60 Jahren erinnern die Gewerkschaften am Antikriegstag
daran, dass Nazi-Deutschland am 1. September 1939 mit dem Überfall
auf Polen den Zweiten Weltkrieg begonnen hat. Damals hatte das Deutsche
Reich unermessliches Leid und Grauen in der Welt verursacht. Gewerkschafterinnen
und Gewerkschafter mahnen deshalb an dem im Jahr 1957 etablierten Antikriegstag,
dass der Einsatz für Frieden und Demokratie eine humanitäre Pflicht
ist: „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ lautet damals wie heute
unser Motto.
„Wir sind viele, wir sind eins!“ – der DGB, auch die
Friedensbewegung stehen für Vielfalt in Einheit. Das ist es, was unsere
Gesellschaft zusammenhält. Wir leben in einem offenen Einwanderungsland,
in dem alle die gleichen Chancen, Rechte und Pflichten haben, in dem es
sozial gerecht für alle Menschen zugehen muss. Wir streiten für
eine bunte Republik Deutschland und wir treten für einen Rechtsstaat
ein, in dem für alle die gleichen demokratischen Spielregeln gelten.
Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Geflüchtete handelt, die
gerade erst bei uns angekommen sind oder Menschen, die schon länger
in Deutschland leben oder hier geboren sind.
Und diese Grundhaltung ist das Gegenteil von völkisch-national.
Das ist das Gegenteil dessen, was uns die Rechtspopulisten
als Alternative für Deutschland verkaufen wollen.
Solidarität, das ist die wahre Alternative für
das soziale Deutschland
Wir Gewerkschaften werden deshalb im derzeit stattfindenden
Wahlkampf klare Kante zeigen!
Die AfD zum Beispiel, ist nicht die Partei der kleinen
Leute, als die sie sich so gerne darstellt. Ihr Programm ist unsozial und
neoliberal geprägt, es bleibt in wichtigen Punkten oft schwammig und
immer schwingen Rassismus und Nationalismus mit. Wer Menschen entsorgen
will – so wie deren Bundestagswahl-Spitzenkandidaten Gauland und Weidel
dies neulich geäußert haben – ist kein Demokrat, sondern
Rassist. Als Gewerkschafter/innen sind wir davon überzeugt, dass diese
Partei für uns nicht wählbar ist. Aufklären, statt polemisieren
ist dabei unser Leitmotiv.
Nach wie vor fordern wir das Verbot der NPD und aller
faschistischen Parteien.
Jedes Jahr werden rund 35 zwischenstaatliche bewaffnete
Konflikte gezählt. Mehr als 65 Millionen Menschen befinden sich weltweit
auf der Flucht. Im Mittelmeerraum, im Nahen Osten und in Teilen Afrikas
erleben wir die gewaltsame Eruption politischer Spannungen und das Versagen
staatlicher Strukturen.
Das Ziel jeglicher Friedenspolitik, die Aussicht auf
Erfolg haben möchte, muss es sein, die sozialen, ökonomischen
und politischen Ursachen von Kriegen und Flucht zu beseitigen.
Doch damit ist es nicht weit her: Deutschland unterschreitet
seit Jahren die für die Entwicklungshilfe vereinbarten 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes.
Stattdessen wird jetzt ernsthaft über die in der
NATO vereinbarten 2% des Bruttoinlandsproduktes für Rüstungsausgaben
diskutiert!
Ich bin sicher: Rüstung und Drohgebärden führen
nicht zum Frieden! Wenn Frieden das Ziel sein soll, müssen wir
uns innerhalb und außerhalb Europas für Bildung, gute Arbeit,
soziale Gerechtigkeit stark machen! Denn ohne Soziale Gerechtigkeit wird
es keinen Frieden geben können.
Eine weitere Steigerung der Militärausgaben auf
weltweit fast 1,7 Billionen Dollar ist ein politischer und moralischer
Skandal. Während auf der einen Seite das Geld fehlt, um Hunger und
die extreme Armut auf der Welt zu bekämpfen, werden auf der anderen
Seite immer größere Anteile des Staatsvermögens für
Waffen ausgegeben.
Der Beschluss der NATO-Staaten ihre Rüstungsausgaben
auf mindestens 2% des Bruttoinlandproduktes zu erhöhen, erfährt
durch die neue US-Regierung unter Präsident Trump einen weiteren Schub.
Eine Umsetzung dieser Maßnahme würde den deutschen
Militärhaushalt auf etwa 80 Milliarden Euro verdoppeln. Zugleich verfallen
in Deutschland Schulen, Bahnstrecken, Straßen und Sportstätten.
Krankenhäuser werden geschlossen, weil die sogenannten „Schuldenbremse“
wirken soll, - dies natürlich immer mit Ausnahme der Militärausgaben,
die nach wie vor steigen.
Würden die NATO-Staaten die geforderte Steigerung
umsetzen, würden sie alleine 57% aller Rüstungsausgaben der Welt
und mehr als 2,5 mal so viel wie Russland und China zusammen für Rüstung
ausgeben.
Und während der Ankauf der Eurofighter 26 Milliarden
verschlingt, fehlen in der BRD 162.000 Pflegekräfte in Krankenhäusern
und 120.000 Erzieherinnen in unseren Kitas.
Für den Preis des Eurofighter-Programms könnten
148.500 Wohnungen im sozial geförderten Wohnungsbau finanziert werden
(3-Zimmer-Wohnung, 75 qm).
Frieden ist ohne soziale Gerechtigkeit nicht zu haben.
Europa muss weltweit für gesellschaftliche Teilhabe, Bildung,
gute Arbeit und soziale Sicherheit eintreten. So kann es aktiv dazu beitragen,
dass politische Konflikte im Rahmen funktionierender demokratischer Verfahren
ausgetragen werden können und nicht zu bewaffneten Auseinandersetzungen
eskalieren.
Wenn die Not gelindert werden soll, muss Europa das humanitäre
Engagement deutlich verstärken und vor allem ein solidarisches
und gerechtes System der Anerkennung und Aufnahme von Flüchtlingen
schaffen!
Ende 2016 waren 65,6 Millionen Menschen auf der Flucht.
Dies ist die höchste Zahl, die jemals vom weltweiten Flüchtlingshilfswerk
UNHCR verzeichnet wurde.
Das heißt konkret:
o Im Schnitt flüchtet weltweit alle 3 Sekunden ein
Mensch
o Einer von 113 Menschen weltweit ist von Flucht und
Vertreibung betroffen.
o 50 Prozent der Flüchtenden weltweit sind Kinder.
o 9 von 10 Flüchtenden (84%) leben in Entwicklungsländern.
Würden diese auf der Flucht befindlichen Menschen
alle zusammen einen neuen Staat bilden, so wäre dies gemessen an der
Anzahl seiner Einwohner der 21-größte Staat der 193 Staaten
dieser Erde!
Und während die Zahl der Kriege und kriegerischen
Auseinandersetzungen steigt, vermehrt sich die Zahl der Flüchtenden!
Das Ziel jeglicher Friedenspolitik, die Aussicht auf
Erfolg haben möchte, muss es sein, die sozialen, ökonomischen
und politischen Ursachen von Kriegen und Flucht zu beseitigen und die Militärausgaben
in Sozialausgaben um zu funktionieren.
Leider reiht sich die Bundesrepublik in die Reihe der
Staaten ein, welche militärisch mobil machen.
Momentan ist die Bundeswehr an 16 Einsätzen im Ausland
beteiligt und verlegt aktuell mehrere hundert Soldaten ins Baltikum, an
die Grenze zu Russland.
Wie wir alle wissen, haben die Kriege des „Westens“ und
der NATO die Welt nicht sicherer gemacht: Afghanistan, Irak, Libyen, aber
auch Syrien sind im Chaos versunken. Die Konfrontation mit Russland hat
zu einem neuem „Kalten Krieg“ geführt. Umfangreiche Rüstungsexporte
weltweit tragen ihren Teil zum tödlichen Geschäft bei.
Wir fordern als Friedensbewegung ein gesetzliches Verbot
von Waffenexporten!
Zwischenziele auf dem Weg zu einem umfassenden Verbot
können sein: ein Exportverbot für Kleinwaffen samt Munition und
Waffenfabriken, sowie ein Lieferstopp schwerer Waffen an kriegsführende
Staaten und in Länder außerhalb der NATO.
Die Umstellung von Rüstungsproduktion auf zivile
Produkte, also die Rüstungskonversion muss schnell und unbürokratisch
gefördert werden.
Liebe Friedensfreunde und Freundinnen,
Europa und Deutschland müssen in dieser neuen Weltunordnung
friedenspolitisch Verantwortung übernehmen. Der richtige Ansatz dafür
kann nicht sein, die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen.
Stattdessen brauchen wir eine gemeinsame Strategie der
friedenssichernden Konfliktprävention.
Ziel muss es sein, soziale Spannungen und Ungleichgewichte
abzubauen und mit friedlichen Mitteln dafür zu sorgen, dass politische,
wirtschaftliche und ökologische Krisen frühzeitig erkannt und
abgewendet werden.
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen deshalb
anlässlich des Antikriegstages 2017 dazu auf, solidarisch auf eine
europäische Friedenspolitik hinzuwirken,
*welche die aktuellen Bemühungen im Rahmen der UN
um eine stabile globale Friedensordnung geschlossen unterstützt. Hierzu
gehört auch, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten entschieden für
einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Verhandlungen zur weltweiten
Ächtung von Kernwaffen einsetzen.
Wir rufen am Antikriegstag 2017 zu einer Friedenspolitik
auf
* welche der Gefahr eines neuen Protektionismus und des
Wiedererstehens einer Welt der Handelskriege aktiv entgegentritt. Dafür
brauchen wir eine Politik, die den neoliberalen Globalisierungskurs der
letzten Jahrzehnte korrigiert und sich für eine faire Gestaltung der
Globalisierung stark macht.
Wir rufen zu einer Friedenspolitik auf
* welche ihr humanitäres Engagement deutlich verstärkt.
Vor allem muss sich Europa zu seiner Verantwortung für den Schutz
von Flüchtlingen bekennen, indem auf EU-Ebene endlich ein solidarisches
und gerechtes System für ihre Anerkennung und Aufnahme geschaffen
wird.
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,
Es gibt in Sachen Frieden weiter viel zu tun!
Frieden bedarf immer derer die sich stark machen für
Gerechtigkeit, denn Ungerechtigkeit dient als Nährboden für Hass
und Ausgrenzung!
Friede bedarf schließlich derer, die den Frieden
leben und daher danke ich allen, die heute hier her gekommen sind
um ein Zeichen gegen den Krieg und für den Frieden zu setzen!
(es gilt das gesprochene Wort)