Antikriegstag 2014: Heilbronn, Ehrenhalle
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Friedensfreunde und Freundinnen,
Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg
und vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg. Und: Vor 70 Jahren wurde Heilbronn
zu über 60 Prozent zerstört, - in der Ehrenhalle vor der wir
uns befinden wird an ca. 7.000 Toter erinnert, Opfer des Zweiten Weltkrie-ges
und Opfer des Faschismus.
All diese Jahrestage machen den
diesjährigen Antikriegstag zu einem zentralen Tag der Erinnerung und
des Mahnens, besonders auch hier in Heilbronn. Auch heute gilt: Kriege
kommen nicht über uns – sie werden gemacht. Gewalt geht von Menschen
aus – und trifft Menschen. Die Menschen werden getötet, verwundet
und vertrieben. Ihr Leben wird bis in die Grundfesten erschüttert
- während andere aus Kriegen Profite schlagen oder ihre Machtinteressen
durchsetzen.
Daran erinnert der DGB und seine
Mitgliedsgewerkschaften, sowie die Friedensbewegung seit 1957 nicht nur
am Antikriegstag, denn: Nie wieder darf Krieg von deutschem Boden ausgehen.
Vor 125 Jahren, also 1889 hat Bertha
von Suttner, die spätere Friedensnobelpreisträgerin, ihren Roman
„Die Waffen nieder!“ geschrieben!
Und in Erinnerung an Bertha von
Suttner fordern wir heute aktualisiert: „Die Waffen nieder!- JETZT!“
Diese Forderung erscheint angesichts
unseres Anrennens gegen Gewalt und Krieg in der Ukraine, Israel/Gaza, in
Syrien und im Irak aktueller denn je. Und: Der Krieg rückt näher.
In der Ukraine spitzt sich der Bürgerkrieg
seit Monaten zu. Der Kampf der Großmächte um Einfluss und Macht
in der Ukraine wird dabei auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen.
Mit politischen, ökonomischen und militärischen Mitteln versuchen
die USA, Russland, die NATO und die EU ihre geostrategischen Interessen
durchzusetzen.
In dieser angespannten Lage soll
vom 11.-28. September 2014 im nicht NATO-Land Ukraine ein Kriegsmanöver
der NATO unter dem Namen „Rapid Trident“ mit Beteiligung von 16 Staaten
- darunter 5 Nicht-NATO-Länder aus ehemaligen Sowjetrepubliken, -
mit 1300 Soldaten unter Einbeziehung aller Waffengattungen stattfinden.
Die Bundesregierung „prüft“ die Beteiligung „von Einzelpersonen“,
d.h. deutscher Führungsoffiziere, „allerdings nur in Übungsstäben“!
– Die Vorbereitung und das Oberkommando dieses Manövers liegt beim
EUCOM im nahegelegenen Stuttgart-Vaihingen! Die US-Militär-Kommandozentrale
für Europa ist auch verantwortlich für die in Europa und in der
Bundesrepublik gelagerten Atomwaffen, die im Rahmen eines 10-Milliar-den-Dollar-Programms
modernisiert werden sollen.
Wir wehren uns entschieden gegen
den weiteren Versuch einer Eskalation in der Ukraine an der Nahtstelle
zwischen Ost und West, fordern die Souveränität der Ukraine und
verlangen deshalb von der Bundesregierung alles zu unternehmen, um das
geplante NATO-Ma-növer zu verhindern.
Wir fordern den Einsatz für
einen sofortigen Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen mit
allen Beteiligten in der Ukraine.Und: Weil wir keine US-Kommandozentrale
in Europa brauchen, fordern wir – nach wie vor – die Schließung der
US-Kommando-Zentrale EUCOM in Stuttgart, sowie den Abzug aller Atomwaffen
aus der BRD, wie in ganz Europa.
In Gaza herrscht Waffenstillstand.
Wenigstens! Doch: Der Gaza-Streifen ist verwüstet, Israels Ansehen
in der Welt ist lädiert, die Hamas militärisch geschwächt
– und trotz des Waffenstillstands stehen die Chancen für einen dauerhaften
Frieden schlecht. 50 Tage hat der Krieg gedauert, nun scheinen die Waffen
zu schweigen. Darauf konnten sich Israelis und Palästinenser in Kairo
einigen – und sonst auf nicht viel. Und wieder mal sind die Menschen die
Leidtragenden. Insgesamt kamen in dem Krieg bislang 70 Israelis und rund
2100 Palästinenser ums Leben. Hunderttausende im Gaza-Streifen sind
nun obdachlos und hausen in den Trümmern, die der Krieg von ihrem
einstigen Hab und Gut übriggelassen hat. Eine ganze Generation von
Palästinensern ist traumatisiert, Tausende haben ihre Lebensgrundlage,
- ihre Läden, ihre Schafherden – verloren, - und die HAMAS: Sie hat
- trotz der militärischen Niederlage – wieder an Rückhalt bei
der palästinensischen Bevölkerung gewonnen.
Und uns bleibt die bittere Erkenntnis:
Irgendwer schürt immer Streit und vergisst, dass daraus blutige Konflikte
entstehen können, die immer wieder nur zu Not, Elend und Zerstörung
führen.
Erschüttert sind wir angesichts
der Nachrichten aus dem Irak. Ich bin entsetzt über die Brutalität
mit welcher ISIS, der sogenannte „Islamische Staat“ im Nordirak auf dem
Vormarsch ist, - Frauen, Männer und Kinder ermordet
und Tausende Menschen anderen Denkens
zur Flucht zwingt.
Undemokratische, intolerante, gewalttätige
und menschenfeindliche Regime haben in unserer heutigen Zeit keine Berechtigung.
Es ist klar: Für solche militärische Situationen gibt es keine
Ideallösungen. Dennoch muss das Prinzip gelten keine Waffen in Krisengebiete
zu liefern, denn diese sind zum Töten gedacht… und denken wir daran:
Sie können immer auch in falsche Hände gelangen und sie gelangen
in falsche Hände!
Neben dem Iran, Italien, Frankreich,
Großbritannien, Kanada, Albanien liefert nun also auch unsere Bundesregierung
Waffen in den Nordirak.
Zum ersten Mal rüstet die Bundesregierung
eine Kriegspartei in einem aktuellen Kriegskonflikt aus. Das ist ein völliger
Widerspruch zu bisher geltenden Regeln in der BRD. Warum darf der Bundestag
darüber nur eine Pseudo-Debatte und – Abstimmung führen, aber
nicht wirklich mitentscheiden. Rüstungsexporte müssen strengsten
Regeln unterliegen, sie dürfen nicht aufgeweicht werden. Der DGB wird
sich dafür einsetzen, Rüstungsausgaben weltweit zu senken um
die Lebens- und Bildungschancen der Menschen zu erhöhen. Als Friedensbewegung
sagen wir noch deutlicher: Stopp aller Rüstungsexporte!
Um Menschenleben zu schützen
und die Sicherheit der Region zu festigen bedarf es dringender humanitärer
Hilfen.
Die internationale Staatengemeinschaft
muss alle diplomatischen Anstrengungen unternehmen, die zur Entschärfung
der Situation beitragen und die Waffen zum Schweigen bringen.
Humanitäre Hilfe ist angesichts
der Not dringend notwendig und bei allen Entscheidungen darf es keinen
Alleingang der Bundesregierung geben, sondern muss der Bundestag mit einbezogen
sein.
Angesicht der Not vieler Zehntausender
Flüchtlinge weltweit sagen wir: Humanitäre Flüchtlingspolitik
ist Friedenspolitik.
Kriege, Bürgerkriege, ethnische,
politische und geschlechtsspezifische Verfolgung oder rassistische Diskriminierungen
zwingen viele Millionen Menschen zur Flucht oder zum Verlassen ihrer Heimat.
Vor allem die angrenzenden Regionen und Staaten tragen einen Großteil
der damit verbundenen Lasten. Sie brauchen mehr Unterstützung von
der Staatengemeinschaft. Die Länder der Europäischen Union müssen
ihre Verantwortung beim Schutz von Flüchtlingen stärker wahrnehmen.
Wer vor Krieg, Bürgerkrieg oder Verfolgung flieht, muss in Deutschland
und der EU Aufnahme finden, individuell Asyl oder einen Schutzstatus beantragen
können und in einem fairen Verfahren anerkannt werden.
Wir dürfen uns nicht daran
gewöhnen, dass Tausende von Flüchtlingen bei dem Versuch sterben,
über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Die Rettung von Menschen
in Seenot muss oberstes Gebot sein. Länder an den Außengrenzen
der EU dürfen bei der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen
nicht allein gelassen werden: Unhaltbare Zustände in den Flüchtlingslagern
und Zurückweisungen sind die Folge. Wir brauchen ein EU-weites, gerechtes
System zur Aufnahme und Anerkennung von Flüchtlingen.
Als DGB sagen wir auch: Soziale
Gerechtigkeit ist Friedenspolitik
Erfolgreiche Friedenspolitik beginnt
nicht erst am Runden Tisch. Erfolgreiche Friedenspolitik beginnt mit der
Erkenntnis, dass Frieden ohne soziale Gerechtigkeit nicht zu haben ist.
Demokratische Teilhabe, Bildung,
gute Arbeit und soziale Sicherheit haben großen Einfluss darauf,
politische und gesellschaftliche Konflikte erst gar nicht entstehen zu
lassen. Wir brauchen deshalb bessere Lebensbedingungen für alle Menschen
weltweit und gerechtere Verteilung zwischen den Ländern der Reichen
Welt und den armen Ländern. Dazu dient auch die Senkung der Rüstungsetats
weltweit. „Die Waffen nieder! JETZT!“
Liebe Friedensfreunde und Freundinnen,
Der Antikriegstag verpflichtet uns
auch zum Bekenntnis für den Frieden hier im Lande und deshalb fordern
wir weiterhin „Schulfrei für die Bundeswehr!“ - Wir wollen „Lernen
für den Frieden!“ und eben keine Jugendoffi-ziere an unseren Schulen.
Militär löst keine Konflikte sondern verschärft sie und
schafft neue Konflikte. Wenn Jugendoffiziere weiter in den Schulen als
vorgebliche objektive Experten für Friedens- und Sicherheitspolitik
auftreten, dann ist dies eine Verharmlosung der aufgezeigten harten Kriegsrealitäten
und dient in erster Linie der Imagewerbung der Bundeswehr. In Art. 12 der
Landesverfassung wird gefordert, die Erziehung der Jugend „zur Friedensliebe“
zu garantieren. Wir sind deshalb enttäuscht über die neue Vereinbarung
der grün-roten Landesregierung über die neue Vereinbarung zur
Zusammenarbeit von Schule und Bundeswehr und fordern weiter die ersatzlose
Kündigung der Kooperationsvereinbarung
zwischen dem baden-württembergischen
Kultusministerium und der Bundeswehr und treten im kommenden Schuljahr
dafür ein, dass sich Schulen auch in Baden-Württemberg nach dem
Vorbild von Schulen anderer Bundesländer durch entsprechende Beschlüsse
für militärfrei erklären.
Entschieden leisten wir auch weiterhin
Widerstand gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Auch
hier mahnen die 10 Toten und vielen Verletzten des NSU, des sogenannten
Nationalsozialistischen Untergrunds. Dessen lange verborgen gebliebene
Terror-Akte mahnen uns wachsam zu bleiben. Wehren wir jeglichem Rassismus:
Dies gilt auch für ausländerfeindliche Demonstrationen und Angriffe
auf Flüchtlingsheime, denen sich immer wieder viele engagierte und
mutige Gewerkschafter und Nicht-Gewerkschafterinnen entgegenstellen. Diese
Courage erwarten wir auch von den politisch Verantwortlichen und deshalb
fordern wir weiterhin ein Verbot der NPD und aller anderen faschistischen
Organisationen.
Für uns gilt heute, wie vor
125 Jahren, vor 100 Jahren, vor 75 oder 70 Jahren: Nie wieder Krieg, nie
wieder Faschismus! Die Waffen nieder! JETZT!
(es gilt das gesprochene Wort)