Bernhard Löffler (DGB-Regionsvorsitzender
Heilbronn-Franken)
Rede Ostermarsch 2005, Heilbronn,
26. März 2005
Liebe Friedensfreundinnen und Freunde,
Kolleginnen und Kollegen,
„Jede Waffe, die gebaut wird, jedes Kriegsschiff,
das vom Stapel läuft, jede Rakete, die abgefeuert wird bedeutet letztendlich
einen Diebstahl an Denjenigen, die hungern und nicht versorgt werden, die
frieren und keine Kleidung bekommen.“ – Zitatende.
Der dies sagte war kein geringerer als
US-Präsident Eisenhower 1953.
Von solchen Erkenntnissen ist der aktuelle
Präsident der Vereinigten Staaten meilenweit entfernt. Die katastrophale
Bilanz des Irakkriegs wird von der Bush-Administration ignoriert und mit
einem ´weiter` so beantwortet
Während sich die Rüstungsindustrie
an steigenden Kriegsgewinnen ergötzt, zahlen die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler der USA, also das Volk, die finanziellen Kosten des Krieges.
Eines ist Bush indes gelungen. Mit seinem
Krieg gegen den Irak hat er von den sozialen Problemen in seinem Land ablenken
können und wurde er mit dem Gehabe des „Starken-Mannes“ erneut zum
US-Präsidenten gewählt.
Der massiven Erhöhung der Rüstungsetats
vorausgegangen waren einschneidende Sozialabbau-Maßnahmen, - so strich
die US-Regierung noch kurz vor dem Irak-Krieg die letzten Reste des spärlichen
Sozialstaates zusammen.
Eine CIA-Studie stellte kürzlich
fest, dass in den letzten 30 Jahren nur die obersten 20 Prozent der Bevölkerung
der USA einen Zuwachs im Einkommen erlebt haben, die restlichen 80 Prozent
gingen leer aus.
Am Ende des langen Booms der 90er Jahre
haben 40 Millionen US – Bürger und Bürgerinnen keinerlei Krankenversicherung
mehr. Seit dem Crash in der New Economy im Winter 2000 haben die Konzerne
Hunderttausende Arbeitsplätze abgebaut. Die Spaltung der Bevölkerung
wird immer größer. In den USA wurde der Sozialhilfebezug auf
5 Jahre begrenzt, ein großer Teil der vorwiegend schwarzen Armutsbevölkerung
sitzt in riesigen Gefängniskomplexen.
Insgesamt 2,1 Millionen US-Bürger
sitzen hinter Gittern, weitere 4,4 Millionen sind nur auf Bewährung
in Freiheit. Damit halten die USA ihren Spitzenplatz in der Welt beim Anteil
der Gefangenen an der Gesamtbevölkerung.
Das ´glorreiche Amerika` hat seinen
Sozialkontrakt zu Gunsten riesiger Militäretats aufgegeben.
Dafür übernimmt das Militär
in den USA jetzt schon Schulen in armen Wohngebieten. Dort herrscht militärische
Ordnung und Disziplin, das Militär züchtet in der Schule seine
Rekruten heran, die oftmals keine andere Chancen haben als sich dem Militär
zu verdingen. Knast oder Militär lauten für viele die einzigen
Alternativen. Zurück bleiben verzweifelte Mütter, die ihre im
Krieg gefallenen Kinder beweinen.
Doch nicht nur in den USA wird der Zusammenhang von Rüstung und Sozialabbau deutlich.
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri berichtet in seinem aktuellen Jahrbuch, dass die weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2003 um 11 Prozent auf 956 Mrd. Dollar angewachsen sind und damit beinahe wieder so hoch liegen, wie zu Zeiten des Kalten Krieges.
Auch Deutschland beteiligt sich an dieser
Aufrüstung.
Mindestens 1,5 Prozent des Sozialprodukts
oder 27 Mrd. EUR werden offiziell hierfür verwendet.
Z.B. sollen für sechs Waffensysteme,
- den Eurofighter, für Kampfhubschrauber Tiger und Transporthubschraubern,
- dem Militär-Aibus A 400, Luft-Bodenraketen Taurus und 3 Fregatten
vom Typ F-124 in den nächsten Jahren 36,6 Mrd. EUR ausgegeben werden.
Allein mit diesen Mitteln könnte man alternativ folgendes Programm realisieren:
· 2.000 Kindertagesstätten
für insgesamt 160.000 Kindern
· 1.000 Grundschulen für 160.000
Kinder
· 100 Berufsschulen für 100.000
Jugendliche
· 500 Altenpflegeheime für
30.000 Bewohner/innen
· 500 Studentenwohnheime für
100.000 Studierende
Zusätzlich könnten folgende Fachkräfte eingestellt und 10 Jahre lang bezahlt werden:
· 16.000 Erzieher und Erzieherinnen
· 15.000 Lehrer und Lehrerinnen
· 15.000 Schulsozialarbeiter und
Arbeiterinnen und andere sozialpädagogische Fachkräfte
Insgesamt wären für dieses Programm Finanzmittel in Höhe von 31,5 Mrd. Euro erforderlich.
Es blieben immer noch über 5 Mrd.
Euro gegenüber dem Rüstungsprogramm übrig.
Mit diesem Geld könnten einige tausend
Schulen und Gesundheitsstationen nebst Personal in den armen Ländern
finanziert werden.
Dies – liebe Friedensfreunde und Freundinnen,
- wäre sicherlich eine wirkungsvollere Friedenspolitik als die Bereitstellung
von Kampftruppen, um Deutschland am Hindukusch zu verteidigen.
Aufrüstung trägt zum Sozialabbau
- massiv bei, - in Deutschland und Weltweit!
Nach wie vor wird aber eher das für
die Bekämpfung von Krankheit und Hunger auf dieser Welt so dringend
benötigte Geld in Rüstung und Auf - Rüstung gesteckt.
Nach Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation
WHO sterben jedes Jahr
3,4 Millionen Kinder und Mütter an
Unterernährung.
Wer trägt dafür die Verantwortung?
800 Millionen Menschen auf dieser Welt
haben nicht genug zu essen.
400 Millionen Kinder können keine
Schule besuchen,
1,3 Milliarden Menschen leben in Armut.
Aktuell leben über 3 Milliarden Menschen
- also gut die Hälfte der Weltbevölkerung von weniger als 2 Euro
am Tag.
Dabei würde bereits das Geld, das
die NATO-Staaten nur in einer Woche für die
Rüstung ausgeben - ausreichen, um
alle Menschen weltweit ein ganzes Jahr lang
satt zu machen.
Eine letzte Zahl:
Das Vermögen der 200 reichsten Menschen
der Welt übersteigt die Summe des Jahreseinkommens der ärmsten
zweieinhalb Milliarden Menschen.
200 haben mehr wie 2 ½ Milliarden!
Angesicht von Terrorismus und Extremismus
wird eines deutlich:
So lange, wie Armut und Elend, politische
Unterdrückung und soziale Ausgrenzung das Alltagsleben der Menschen
in vielen Ländern dieser Welt bestimmen, so lange werden Extremismus
und Fanatismus ihren Nährboden behalten.
Nur eine Politik des Ausgleichs zwischen
Arm und Reich und eine weltweite Strategie solidarischer und sozialer Wirtschafts-
und Entwicklungspolitik kann nachhaltig ein friedliches Zusammenleben sichern.
Angesichts von Sozialabbau, von Not und
Armut in der Welt, aber eben auch bei uns hier in Deutschland erhebt sich
für mich die Frage:
Welches Maß an Ungleichheit hält
unsere Gesellschaft überhaupt noch aus?
Ich denke, dass der zügellose Neoliberalismus
und die wirtschaftliche Globalisierung mit deren Forderung nach Deregulierung,
Sozialabbau und Entstaatlichung mit dazu beigetragen hat, Demütigung
und Ausbeutung über den gesamten Globus hinweg voranzutreiben.
Die Rüstungsausgaben sind auch weiterhin
zu senken. Für die Rüstung vorgesehene Gelder können zur
Lösung sozialer, bildungs- und arbeitsmarktpolitischer Aufgaben verwendet
werden, - Gelder also, die überall dringend gebraucht werden!
Eine Politik der Abrüstung und Konfliktprävention,
- der sozialen Gerechtigkeit und der internationalen Solidarität,
die wir wollen muss mit der militärischen Aufrüstung Schluss
machen.
Was wir wollen - ist die Sicherheit, in
einer gerechten Gesellschaft die eigenen Fähigkeiten entwickeln zu
können und eine humane und soziale Gesellschaft in fairer Partnerschaft
mit anderen Völkern und Staaten international zu behaupten. So haben
wir Gewerkschafter immer Internationale Solidarität verstanden.
Und da müssen sich die Industriestaaten
dieser Welt schon an die eigene Nase fassen, denn sie haben nicht genug
getan, für eine gerechte Welt für alle.
Zu groß sind noch die Unterschiede
zwischen den reichen und den armen Ländern. Erst wenn es gelingt,
dort den Hunger und die Armut, die mangelnden Bildungsmöglichkeiten
zu beseitigen und wenn die Großen Staaten dieser Welt ihre eigenen
Wirtschaftsinteressen hintenanstellen, dann kann diese Welt zusammenwachsen
und verhindern, dass Menschen in ihrer Verzweiflung den Hetzern und Fanatikern
nachlaufen.
Was wir wollen ist: keine Waffenbrüderschaft,
- sondern humane Solidarität!
Gebt dem Frieden eine Chance!
Es gilt das gesprochene Wort