Krieg ist niemals eine Lösung
Dieser Spruch aus Zaire, dem kriegsgebeutelten
Land stand auf einem Kalenderblatt, das über dem Schreibtisch im Zimmer
eines Tagungshauses in Oberfranken, in dem ich mich die letzten drei Tage
lang aufgehalten habe, zu lesen war.
Krieg ist niemals eine Lösung!
Bei uns sind es seinerzeit die Frauen
gewesen, die diese Einsicht als erste formuliert, aber vor allem laut ausgesprochen
haben.
Frauen für den Frieden – über
sie mochte ich heute in meiner Gedenkrede sprechen: an die Friedenspionierinnen
(um so einen widersprüchlichen militaristischen Begriff zu nehmen)
möchte ich erinnern und am Beispiel meiner bewunderten Freundin Karola
Bloch ( der „Sozialistin mit dem großen Herzen“, wie mein Mann, Eberhard
Braun es einmal in einer Buchwidmung formuliert hat) möchte ich an
das Engagement der „Frauen für den Frieden“ erinnern und zugleich
dazu ermutigen. Zu Beginn dieser Erinnerung an „Frauen für den Frieden“
möchte ich mit Zitaten weitgehender Passagen von Karola Bloch’s Buch
„Die Sehnsucht der Menschen ein wirklicher Mensch zu werden“ (Bd 1 Hrg
von Anne Frommann und Welf Schröter, Talheimer) das verdeutlichen
und die Worte einer Friedenskämpferin setzen; Margarethe Selenka schrieb
1900- also vor 110 Jahren: „Antikriegsbewegung ist ein Kampf für
die Gewalt des Rechts – gegen das Recht der Gewalt!“.
Bei uns im deutschsprachigen Raum war Bertha von Suttner’s Buch: „Die Waffen nieder“(1889) das Signal für die Frauen, sich verstärkt für den Frieden einzusetzen und unter der Losung „Kampf dem Krieg“ für ein friedliches Zusammenleben der Völker zu werben.
Bertha von Suttner gründete 1891 die österreichische und 1892 die deutsche Friedensgesellschaft. Sie stellte Forderungen auf, den Krieg nicht als Mittel zur Schlichtung von Streitigkeiten zu benutzen, verlangte Rüstungsstopp und forderte öffentlich Unterstützung der Friedensidee ein.
Das geschah zu einer Zeit, als die
Frauen weder Stimmrecht hatten, noch einer politischen Partei angehören
durften.
Bertha von Suttner erhielt als erste
Frau den Friedensnobelpreis.
Sie muss eine ungeheuer mutige und
couragierte Frau gewesen sein, die sich in einer männerdominierten
Welt mit starken militaristischen Tendenzen (nicht lange danach brach ja
der 1. Weltkrieg aus) wohl schwer behaupten musste.
Wenn ich über Bertha von Suttners Leistung als Vorkämpferin der „Frauen für den Frieden“ lediglich aus der Geschichte, aus der Literatur erfahren konnte, habe ich Karola Bloch die „Architektin, Parteigängerin der KPD, politische Rednerin und analytische Publizistin“ (Welf Schröter in „Die Sehnsucht des Menschen“ a.a.O. S. 9) 1972 in Tübingen kennen gelernt, habe mit ihr in dem Verein „Hilfe zur Selbsthilfe“ (Resozialisierung jungendlicher Strafentlassener) zusammengearbeitet, war ihr freundschaftlich, Frauen- und Friedensbewegt verbunden und habe zeitlebens ihre Haltung bewundert, eine Haltung die Karolas Ehemann, der Philosoph Ernst Bloch, den „aufrechten Gang“ genannt hat.
Karola Bloch ist für mich ein
leuchtendes Vorbild dafür, dass es notwendig und wichtig ist, sich
gesellschaftlich zu engagieren, sich einzumischen und – auch wenn man manchmal
dafür Prügel bekommt- zur rechten Zeit auch unbequeme Wahrheiten
zu benennen und Position zu beziehen, beziehungsweise für diese Position
auch einzustehen.
Und für mich ist sie ein Erleben
dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit der beste Beweis
dafür, dass politisches und gesellschaftliches Engagement keine Frage
des Alters ist:
Mit 65 Jahren- also 1 Jahr älter
als ich gerade bin – beginnt Karola Bloch in Tübingen nach dem Tod
ihres Mannes eine neue Phase gesellschaftspolitischen Engagements - und
mit 82 Jahren erhält sie die Nachricht von dem gegen sie eingeleiteten
Ermittlungsverfahren wegen Anstiftung zu strafbaren Handlungen und Nötigung
der Bonner Staatsanwaltschaft, weil sie – zusammen mit anderen – zur gewaltfreien
Sitzblockade vor Atomraketenstützpunkten aufgerufen hatte. Ich erinnere
hier in Heilbronn an unsere Martha Kuder, die ins Frauengefängnis
nach Gotteszell ging.
Auch in ihrem - ihr Leben lang dauernden
- Engagement für den Frieden war sie, die unbarmherzig die Rüstung
anklagte und für den Abbau der Atomraketen eintrat, stets für
mich und viele Frauen ein großes Vorbild.
Ein interessantes aber auch schwieriges
Leben: Karola Bloch, geborene Piotrkowska, wurde am 22,01.1905 in Lodz
/Polen geboren. (Ihre gesamte Familie kam 1942 ins Warschauer Ghetto und
wurde dort getötet).
Sie hat den 1. Weltkrieg mit ihrer
Familie in Moskau verbracht, und erlebte dort – als 12 Jährige- die
russische Revolution, (1918 Rückkehr nach Lodz) ein prägendes
Erlebnis.
1921 geht sie mit ihrer Familie
nach Berlin (vorher Ausbildung zur Kunsthandwerkerin ) und studiert an
der TH Charlottenburg Architektur. Seit 1929 war sie mit Ernst Bloch befreundet
und geht mit ihm 1933 nach Zürich, wo sie 1934 an der ETH ihr Diplom
als Architektin macht.
Sie heiratet 1934 Ernst Bloch und
emigriert mit ihm nach Wien, Paris, Prag und mit dem inzwischen geborenen
Sohn Jan Robert in die USA, wo sie für den Unterhalt der Familie sorgt
während Ernst Bloch am „Prinzip Hoffnung“ schreibt.
Viele Exilanten (Schriftsteller)
hatten das gleiche Schicksal...
- > Hinweis auf Brecht Zitat: „Öfters
die Länder als die Schuhe wechselnd“.
Es ist hier nicht genügend
Raum, um Karola Bloch, diese beeindruckende, außergewöhnliche
Persönlichkeit wirklich angemessen und umfassend darzustellen.
Aber ich möchte am Beispiel
ihrer Person auf das lang anhaltende Engagement der Frauen für den
Frieden hinweisen, das bis in die jüngste Zeit sich in immer wieder
neuen Formationen beweist – ich verweise auf die irischen Friedensfrauen,
die Mütter von der Plaza Major bis hin zu aktuellen Frauen-Friedens-Initiativen.
„Beharrlich erinnern“ so lautete
der Titel eines Büchleins, das die Heilbronner Friedensbewegung 1985
herausgegeben hat; wir sollten uns heute, am Antikriegstag, auch beharrlich
erinnern, welche Ziele uns wichtig sind und unsere Stimme erheben.
Karola Bloch hielt 1983 viele Reden
gegen den Krieg und für den Frieden, während einer Aktionswoche
der Friedensbewegung:
sagte sie z.B. „ Wir Frauen, die
wir noch mehr als die Männer unter Kriegen leiden, sagen: nie wieder
Krieg“.
Wir sind für eine atombombenfreie
Welt, für Entmilitarisierung, für Abrüstung und wollen statt
Feindbildern Vertrauen und Freundschaft zwischen den Völkern“ (Korola
Bloch: „Die Sehnsucht des Menschen...“ S. 108 ) und sie sagt bei einem
Internationalen Kongreß „Kultur des Friedens“ im Jahr 1988, 5 Jahre
später:
„Kultur des Friedens bedeutet Gegenentwurf
zu einer Welt mit Krieg, Hunger, Hass, Ausbeutung, Zerstörung der
Natur und der menschlichen Persönlichkeit“ (Karola Bloch: „Die Sehnsucht
des Menschen...“ S 158)
Karola Bloch, eine großartige
Frau mit bewundernswerter Courage, menschlicher Wärme und beispielhaftem
Engagement, sie hat das als Haltung vorgelebt, was Ernst Bloch einmal so
beschrieben hat: „ Es gibt Dinge in der Welt, über die ein anständiger
Mensch nicht verschiedener Meinung sein kann“.
Danke fürs Zuhören und
danke fürs Weiterdenken.