Oberbürgermeister Harry Mergel

Schlußwort von OB Mergel – Wider das Vergessen – Gedenkfeier 09.11.2014 – Synagogengedenkstein, Allee

Lieber Prälat Stumpf, liebe Frau Toren, lieber Herr Veyhl, liebe Heilbronnerinnen und Heilbronner,

die Erinnerung an Nationalsozialismus und Krieg ist in Heilbronn vor allem von den Ereignissen des 4. Dezembers 1944 geprägt. Dem Tag, als das alte Heilbronn ausgelöscht und mehr als 6500 Menschen ihr Leben verloren. Deshalb sprechen wir häufig auch vom dunkelsten Tag in der Geschichte unserer Stadt.

Für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger setzte die Verfinsterung aber bereits viel früher ein: Entrechtung, Ausgrenzung und Verfolgung gehörten schon seit Beginn der NS-Herrschaft zum Alltag. Die Reichspogromnacht am 9. November vor 76 Jahren, als in Heilbronn wie in vielen anderen Städten Deutschlands die Synagoge angezündet wurde, war vorerst der traurige „Höhepunkt“ dieser zunehmenden Hetze, bevor alles noch viel schlimmer kam.

Noch heute erfüllt mich das, was damals geschah, mit großer Scham und drängt mir die Frage auf: Wie können wir verhindern, dass sich solche Exzesse wiederholen? Dass Minderheiten aufgrund verquerer Ideologien bis in den Tod verfolgt werden?

Ein erster Schritt ist das Gedenken. Deshalb halten wir auch noch heute die Erinnerung an diese Taten wach, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Denn Erinnern ist immer auch eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Die heutige Gedenkfeier hier am Gedenkstein der einstigen Heilbronner Synagoge ist dafür ein Beispiel. Dankbar bin ich Ihnen, lieber Herr Prälat Stumpf, für die eindrücklichen Worte, die Sie gefunden haben. Und dankbar bin ich auch allen anderen Gruppierungen, die sich nicht nur heute „Wider das Vergessen“ stemmen: der Friedensbewegung Heilbronn, dem Evangelischen Jugendwerk Bezirk Heilbronn, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Stadt und Landkreis Heilbronn, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten Kreis Heilbronn und nicht zuletzt dem Freundeskreis Synagoge Heilbronn e.V..

Mir war es besonders wichtig, dass sich auch die Stadt Heilbronn erstmalig als Mitveranstalter der heutigen Gedenkfeier engagiert und damit der heutige Tag auch Teil der öffentlichen Erinnerungskultur dieser Stadt wird. Denn zur Wahrheit gehört auch: Unsere Stadt und die hier lebenden Menschen waren nicht nur Opfer, sondern teils auch Mittäter. Dieser Wahrheit dürfen und wollen wir uns nicht verschließen, nicht um alte Gräben wieder aufzureißen oder zu verurteilen, sondern um zu verstehen und uns die Lehren für die Gegenwart und Zukunft immer wieder zu vergegenwärtigen.

Für mich bedeutet dies auch, dass wir uns immer wieder aufs Neue bemühen um:
· Respekt und Toleranz gegenüber jedem, der sich an unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gebunden fühlt;
· den Austausch zwischen Religionen und Kulturen
· eine Kultur des Willkommens und des Miteinanders.
Gerade auch angesichts der Flüchtlingsströme, die uns derzeit erreichen, aber auch angesichts unserer bunten Einwohnerschaft liegt mir dies sehr am Herzen. Lassen Sie uns gemeinsam für eine Stadt arbeiten, in der sich alle Zuhause fühlen. Und lassen Sie uns kämpfen gegen alle, die Toleranz mit Füßen treten und Unfrieden säen.

(es gilt das gesprochene Wort)