Jeanette Wern, Friedensbüro Heilbronn

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

ich darf Sie und Euch alle ganz herzlich zur unserer Gedenkfeier anlässlich des Jahrestages des Pogroms gegen jüdische Menschen willkommen heißen.
Ganz besonders begrüßen möchte ich Herrn Bürgermeister Harry Mergel, der die Gedenkrede unserer Veranstaltung halten wird und  „Die Marbacher“, die uns eben schon musikalisch begrüßt haben.

Heute vor 70 Jahren
wurden in Deutschland Synagogen angezündet.

Heute vor 70 Jahre
Wurden in Deutschland jüdische Friedhöfe zerstört und geschändet.

Heute vor 70 Jahren
Wurden in Deutschland jüdische Geschäfte geplündert und demoliert.

Heute vor 70 Jahren
Wurden in Deutschland jüdische Menschen in ihren Wohnungen überfallen.

Heute vor 70 Jahren
Wurde in Deutschland Jagd auf jüdische Menschen gemacht, sie wurden geschlagen, gequält, misshandelt, entwürdigt, verhaftet.

Heute vor 70 Jahren

Nicht nur irgendwo, weit weg in Deutschland, sondern auch hier, in Heilbronn und dem Umland:
Belegt sind die barbarischen Untaten dieser Nacht auch aus:

Bonfeld
Bad Rappenau
Grombach
Wollenberg
Bad Wimpfen
Eppingen
Gemmingen
Ittlingen
Jagsthausen
Berwangen
Neckarsulm
Affaltrach
Oedheim
Massenbach
Talheim

Und sie waren nicht das erste offene Zeichen der Schrecksherrschaft der Faschisten, aber sie waren ein grausamer und unübersehbarer Markstein.

Unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 richtete sich der Terror der Nazis mit gleichem Hass sowohl auf die politischen Gegner aus der Arbeiterbewegung als auch auf jüdische Bürgerinnen und Bürger.
SA-Trupps griffen jüdische Menschen auf den Straßen an, überfielen sie nachts in ihren Wohnungen, schleppten sie in die Folterzellen im Keller des Brauen Hauses.

Die Ausschaltung der jüdischen Geschäftsleute, Fabrikanten, Rechtanwälte und Ärzte begann bereits im März 1933, gefolgt vom Tag des reichsweiten „Judenboykotts“ am 1. April 1933.

Und bereits im Oktober 1938 fand die erste Deportation von Jüdischen Menschen aus Heilbronn statt.

Nichts davon geschah heimlich oder im Verborgenen, nein, dreist und offen, stets begleitet von den immer lauter werdenden Hetzparolen der Faschisten.

Sage keiner, er habe nichts gewusst!

Und die Grausamkeiten des 9. und 10. Novembers 1938 waren auch nicht der Schlusspunkt. Sie alle und Ihr alle wisst um die unvorstellbaren und unmenschlichen Gräuel, die noch folgen sollten.

Heute vor 70 Jahren.

Und heute, am 9. November 2008.
Blicken wir nur zurück? Ist alles nur grausame Geschichte?

Nein!
Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch!

Und wenn wir heute zurückblicken und der Opfer des Faschismus gedenken, so soll uns dies Auftrag und Mahnung sein, uns dem wachsenden Rassismus in der Bevölkerung und den neuen, immer dreister werdenden Nazis in unserem Land in den Weg zu stellen.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
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Ich möchte schließen mit einem Zitat aus dem „Schwur von Buchenwald“, den die befreiten Häftlinge am 19. April 1945 auf dem Appellplatz des Lagers leisteten:

Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:

Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren
Angehörigen schuldig.
 

(es gilt das gesprochene Wort)