Leni Breymaier, ver.di Landesvorsitzende Baden-Württemberg
 
 

- es gilt das gesprochene Wort -

Gute Arbeit muss drin sein

Liebe Heilbronnerinnen und Heilbronner,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
 

wenn wir am heutigen 1. Mai über gute Arbeit reden, dann geht es um Geld, es geht um Gerechtigkeit, es geht aber auch um Chancengleichheit in der Bildung, darum, dass Arbeit vor Armut, auch vor Armut im Alter, schützt. Es geht um Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf. Es geht darum, dass man bei der Arbeit nicht krank wird. Das alles verstehen wir unter guter Arbeit.

Und wir Gewerkschaften, wir setzen uns für gute Arbeit ein; wir mischen uns ein. Bei der Politik, bei den Verbänden und eben dort, wo wir die Gestaltungshoheit in diesem Land haben, und das ist bei den Tarifverträgen.
 

Die Tarifrunden haben zurzeit alle eines gemeinsam:

Wir treten an für mehr Geld und die Arbeitgeber schieben irgendeine Frage  im Zusammenhang mit dem Thema Arbeitszeit  nach. Das war im Öffentlichen Dienst so. Wir konnten hier eine ordentliche Entgelterhöhung durchsetzen. Doch der Preis dafür war, eine halbe Stunde längere Arbeitszeit.
Dagegen sind wir in Baden-Württemberg im Öffentlichen Dienst vor zwei Jahren neun Wochen auf die Straße gegangen. Es waren schließlich nicht die von den Arbeitgebern geforderte 40 Stunden, es waren nicht 39,5 Stunden. Aber letztendlich drücken die 39 Stunden unsere Mächtigkeit in dieser Frage aus.

Besonders apart wird es, wenn wir beim Thema Arbeitszeit unterwegs sind und die Regierung die Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten auf 41 Stunden hochsetzt und uns dann erzählt, dass aus Gründen der Gerechtigkeit nun auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes 41 Stunden arbeiten müssen.
 
 

Wobei die Wahrheit   hier bleibt:
Wir sind gegen Arbeitszeitverlängerung, weil wir immer noch 3,5 Millionen gezählte Arbeitslose haben.

Jede Arbeitszeitverlängerung verschlechtert deren Chancen.
Wir sind auch eher für kürzere Arbeitszeiten weil wir wollen, dass die Jugend die Möglichkeit zu einem Start ins Berufsleben hat. Dazu gehört die Übernahme von Auszubildenden. Und wenn die Alten länger schaffen, kommen die Jungen nicht rein. Wenn 38 Leute eine Stunde mehr arbeiten, braucht man am Ende nur noch 37 Leute. So geht das.

Wir wollen auch für die Jungen gute Arbeit:

· Keine Ein-Euro-Jobs
· Keine Leiharbeitsverhältnisse
· Keine Mini-Jobs
· Keine Praktikas
· Keine Ich-AGs
Wir wollen auch für die Jungen Vollzeitarbeit von der sie leben können.

Und wir klopfen denen auf die Finger, die schon die Ausbildungssituation verschlechtern wollen.
Wie das Land Baden-Württemberg in einer Bundesratsinitiative eine gravierende Verschlechterung des jugendarbeitrsschutzgesetzes:
Sie fordern:

· Die generelle Beschäftigung von Jugendlichen bis 22 Uhr
· Im Gaststättengewerbe sogar bis 23 Uhr
· Die Verlängerung der Schichtobergrenze auf 12 Stunden
· Aufhebung des Beschäftigungsverbotes an Samstagen

Wir können uns alle ausrechnen, wie die Jugendlichen nachts um halb Elf unterwiesen werden, und wie samstags Ausbildungsinhalte vermittelt werden.

Das ist ein Rückfall in den Frühkapitalismus. Wie werden zusammen mit der Gewerkschaftsjugend dagegen mobil machen. Es reicht!
Unter guter Ausbildung verstehen wir etwas anderes!

Wir waren bei der Arbeitszeitverlängerung.
Und letztendlich sind wir gegen Arbeitszeitverlängerungen, weil es auch um die Gesundheit der Arbeitenden geht. Wir müssen durchhalten und deshalb müssen wir unsere Kräfte einteilen. Und deshalb bleibt das Thema Arbeitszeit in all seinen Weiterungen auf der Tagesordnung.

Zum Beispiel bei der Tarifrunde im Einzelhandel. Gestern kamen wir wieder nicht weiter. Hier gibt es seit über einem Jahr keinen neuen Tarifvertrag. Aus unserer Sicht ist es eine reine Entgeltrunde, 5,5 % mehr Geld für das Jahr 2007. Darüber wird auch noch im Frühjahr 2008 verhandelt. Dass die einzelnen Firmen hier schon mal „freiwillig“ 2 % drauf legen, macht die Situation nicht besser. Denn schlussendlich haben wir es mit einem schlichten Erpressungsversuch der Einzelhändler zu tun. Entweder wir verzichten auf die Zuschläge für die Abend- und Nachtarbeit oder es gibt keinen neuen Tarifvertrag.

Kolleginnen und Kollegen, dies würde bedeuten, in einem Kernbereich der Dienstleistungsbranche, in dem alleine in Baden-Württemberg über 220.000 Menschen arbeiten, gibt es künftig keinen Flächentarifvertrag mehr.
Und das, weil es auch der Landesregierung in Baden-Württemberg gefallen hat, die Ladenöffnungszeiten komplett freizugeben. Das führt dazu, dass insbesondere weniger personalintensive Betriebe und die Innenstädte bis 20.00 Uhr, bis 22.00 Uhr, bis 24.00 Uhr geöffnet haben. Für die Beschäftigten heißt das, im Zweifel fährt nach Feierabend gar kein Bus mehr heim. Man kann gleich vergessen, sich zu einem Volkshochschulkurs oder zum Turnen anzumelden, oder ein Ehrenamt zu bekleiden.

Die Arbeitszeiten sind ja nicht berechenbar. Und diese Erschwernisse werden zu Recht mit Zuschlägen ausgeglichen. Aber erst wird gerufen: Deutschland wir gerettet durch verlängerte Ladenöffnungszeiten, wenn sie dann da sind und man sieht, die Öffnungszeiten sind nicht die Rettung des Landes, sondern die Umsätze verlagern sich nur, die Fixkosten aber steigen, dann geht man her und will bei den Beschäftigten abkassieren.

Im Kern geht es bei der Tarifauseinandersetzung des Einzelhandels genau darum, und deshalb bitte ich Euch um Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Einzelhandel.
Denn für uns gilt immer noch: Uns fehlt nicht die Zeit, uns fehlt das Geld zum Einkaufen.

Gute Arbeit hat auch etwas damit zu tun, dass die billigen Preise in manchen Vertriebsformen teuer bezahlt werden. Beschäftigte und Zulieferer bezahlen hier die Zeche und letztendlich auch die Kundinnen und Kunden. Ein bisschen mehr Politik mit dem Einkaufskorb. Daran zu erinnern, das ist am 1. Mai allemal erlaubt.
Geiz ist nicht geil – Geist ist geil!
 

Im Kern ging es auch bei der Auseinandersetzung bei der Deutschen Post AG genau darum. Hier sollten die Beamtinnen und Beamten ihre Arbeitszeit verlängern. Dann kann sich jeder an fünf Fingern abzählen, wie viel Arbeitsplätze da verloren gehen. Und deshalb war die Tarifauseinandersetzung bei der Deutschen Post auch eine Auseinandersetzung um mehr oder weniger Arbeitslose. Und deshalb gratulieren wir den Kolleginnen und Kollegen erstens zu einem großartigen Urabstimmungsergebnis und zweitens zu einem Tarifergebnis das ohne die Kampfbereitschaft, auch der Postlerinnen und Postler aus Heilbronn nie und nimmer drin gewesen wäre.

Das Umfeld ist ja verflixt. Hier die Kolleginnen und Kollegen der Post AG. Dort die Beschäftigten der Mitbewerber, die von so genannten aber gekauften Gewerkschaften auf die Straße getrieben werden für geringeren Lohn. Das Land ist verrückt geworden.

Wo es nicht mehr auf Leistung, auf Kreativität, auf Innovation ankommt, sondern bloß noch der gewinnt, der den niedrigsten Lohn zahlt, da haben wir alle schon verloren.

Wenn freie Gewerkschaften in freien Verhandlungen die Arbeitsbedingungen aushandeln, dann ist die Tarifautonomie in Ordnung.

Die Tarifautonomie ist auch überall dort in Gefahr, wo der Gesetzgeber das zur Verfügung stehende Geld begrenzt.

Stichwort Krankenhäuser
· minus 50.000 Pflegekräfte
· 25 % mehr Patientinnen und Patienten
· Höhere Pflegeintensität
· Drittniedrigste Kosten aller Industrienationen pro Kopf der Bevölkerung für Krankenhausaufenthalte
· Durchschnittlicher Krankenhausaufenthalt: knapp 4.000 Euro in Deutschland. Schnitt aller Industrienationen: 7.000 Euro
· Gedeckeltes Budget – Der Deckel muss weg!
 
 

Die Menschen brauchen auch in den Branchen endlich wieder Tarifverträge, wo es momentan keine gibt.

Ein besonders krasses Beispiel ist das Bäckerhandwerk:

Hier nebenan in der Metzgerei haben die Beschäftigten einen Schutz ihrer finanziellen Existenzgrundlage durch NGG-Tarifverträge mit dem Fleischerhandwerk.
Eine Straßenecke weiter, in der Bäckerei, ist das nicht so.
Seit 1997, seit nunmehr 11 Jahren, gibt es für die rund 30.000 Beschäftigten im Bäckerhandwerk in Baden-Württemberg keine gültigen Tarifverträge mehr.
Tarifverträge sind in anderen Bundesländern selbstverständlich.
Auch bei Kamps und K & U haben die Beschäftigten übrigens einen Schutz durch unsere Tarifverträge Brotindustrie.
Trotzdem lehnt es die Bäckerinnung in Baden-Württemberg Tarifverträge mit der NGG abzuschließen.
Zwar ist es richtig, dass die Mehlpreise in den letzten Jahren gestiegen sind, doch vergessen die Bäcker leicht, dass sie von 1996 bis heute z. B. den Preis für eine Brezel um 25 % angehoben haben.

Während die Bäckereibesitzer gestiegene Rohstoffpreise an die Verbraucher weiter gegeben haben, zahlen sie ihren Beschäftigten zum Teil Armutslöhne von 5-6 Euro, die ein Überleben ohne zusätzliche soziale Hilfen nicht mehr gewährleisten. Das heißt die Wurstverkäuferin finanziert mit ihren Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen die Hungerlöhne der Bäckereiverkäuferin.
Die Arbeitgeber meinen, sie leben ohne Tarifverträge durchaus nicht schlecht. Fragt sich nur, wie es ihren Beschäftigten dabei geht
Nachdem Gespräche nichts gefruchtet haben, müssen wir nun die Bäckermeister öffentlich vorführen
Wir haben deshalb 2008 eine Kampagne gestartet: Erster Teil war eine NGG-Umfrage bei den Betroffenen. Das Ergebnis ist wie erwartet niederschmetternd:

Viele Stunden im Bäckerhandwerk werden überhaupt nicht, Zuschläge (z. B. für Nacht-, Mehr- und Sonntagsarbeit) nur noch im Ausnahmefällen und Weihnachts- und Urlaubsgeld meist auch nicht mehr gezahlt.
Das kommt eben dabei heraus, wenn es den Bäckereibesitzern selbst überlassen wird, wie viel sie für die Arbeit zahlen wollen.
Mit dem zweiten Teil der Kampagne, der NGG-Unterschriftenaktion sollen nun die die Kunden und Kundinnen der Bäckereien auf diese Situation aufmerksam gemacht werden.
Mit dieser Kampagne soll auch der Druck auf die Innungsverantwortlichen erhöht werden, mit NGG endlich wieder einen Tarifvertrag abzuschließen.
 

Deshalb bitten wir Euch alle, helft mit und sammelt in Eurem persönlichen Umfeld, aber auch in der Bäckerei in eurer Nachbarschaft weiter so viele Unterschriften wie möglich.

Jede Branche in der es keine Tarifverträge gibt, schwächt nicht nur die dort Betroffenen, sondern uns alle.
Darum: Solidarität.

Zitat aus einer Bundestagsdebatte vom 10. April 2008:

Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD):
Ein 35-jähriger, der von seinem Chef mitgeteilt bekommt, dass das Weihnachtsgeld gestrichen ist, denkt nichts Nettes über diesen, und wenn er klug ist, tritt er in die Gewerkschaft ein.

Zwischenruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU):
Wenn er klug ist, ist er schon drin.

Da hat sie recht die Kanzlerin.
 
 
 

Grundgesetz: Eigentum verpflichtet.

Ist der Aufschwung bei den Menschen angekommen? Bislang nicht, oder nur bei manchen. Im Jahr 2007 sind die Managergehälter um 17,5 % gestiegen. Die Entgelte der Manager in Dax-Unternehmen sogar um 23,3 %.
Charmant ist, wenn die SPD das jetzt begrenzen will. Schon die Debatte darüber tut diesem Land gut.
Ich habe den Eindruck, der Wind dreht sich zu unseren Gunsten. Trotzdem müssen wir noch kräftig blasen und Wind machen.
Wir wissen, der Mittelstand wird immer kleiner. Wir bekommen immer mehr Arme. Jeder fünfte Bürger, jede fünfte Bürgerin in Deutschland gilt als arm, sogar jedes dritte Kind und wir haben immer mehr Reiche.
Und das heißt, hier braucht es mehr öffentliche Debatten, über den 1. Mai hinaus, was richtig ist und was falsch ist und wen das Eigentum eigentlich zu was verpflichtet.

Ich stehe hier lieber und erkläre, warum wir in welcher Branche wie viel Tariferhöhung fordern.

Ich habe hier allerdings auch zu stehen und für den gesetzlichen Mindestlohn zu streiten. Das hat auch etwas mit Gerechtigkeit zu tun.
Von einem gesetzlichen Mindestlohn allein in Höhe von 7,50 Euro würden in Deutschland 5 Millionen Menschen profitieren. 5 Millionen Menschen, die einen Stundenlohn unter 7,50 Euro haben.
Das ist der eigentliche Skandal in diesem Land, dass – egal wie sich gesetzliche Mindestlöhne in anderen europäischen Ländern bewährt haben und egal wie wichtig inzwischen die Kaufkraft-Theorie angesehen wird – wir immer noch einen riesen Streit um den gesetzlichen Mindestlohn haben und die Dinge inzwischen so verkompliziert sind, dass Menschen, die sich nicht jeden Tag damit befassen, schon gar nicht mehr durchblicken und das ist auch so gewollt. Das Entsendegesetz hat schwere Fehler. Es muss nachgebessert werden.
Was soll das denn, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Branche darauf verständigen müssen, überhaupt einen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit ihres Tarifvertrages zu stellen. Das heißt, wenn der Arbeitgeber nicht will, gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn und wenn der Arbeitgeberverband willig ist aber nicht 50 % der Beschäftigten einer Branche repräsentiert, gibt es auch keinen gesetzlichen Mindestlohn. Und wenn die Branche – wie in Deutschland üblich – durchaus in länder- oder regionalen Tarifverträgen strukturiert ist, gibt es auch keinen gesetzlichen Mindestlohn. Denn es bedarf ja eines bundesweiten Tarifvertrages. Das alles ist schwierig weil es schwierig gemacht ist. Und deshalb müssen wir die Dinge vereinfachen. Und versuchen, Tarifverträge abzuschließen und wo uns dies nicht gelingt, brauchen wir einen vom Gesetzgeber festgelegten gesetzlichen Mindestlohn. So einfach ist die Welt.

1. Gute Tarifverträge
2. Mindestlohn auf Basis von Tarifverträgen
3. Vom Gesetzgeber festgelegter Mindestlohn

Und wir lassen nicht von den Pofallas dieser Welt verkünden, weil nach diesem komplizierten Entsendegesetz nur so wenige Tarifverträge zur Allgemeinverbindlichkeit angemeldet sind, dass der gesetzliche Mindestlohn generell keine Chance hat oder noch doller, gar nicht gewollt ist.
Es ist ein Gebot des Anstands, Menschen die Vollzeit arbeiten, soviel Geld zu bezahlen, dass sie davon existieren können.
Ich sage bewusst existieren und nicht leben, geschweige denn ordentlich leben, kann man von 7,50 Euro in der Stunde nicht. Das macht brutto gerade mal 1.250 Euro im Monat bei Vollzeitarbeit aus.

Und mir ist es lieber, wir können aus eigener Kraft gute Tarifverträge für gute Arbeit abschließen und dort, wo uns dies nicht gelingt, auch Druck – in Form von Warnstreiks oder Streiks – ausüben. Aber ich habe festzustellen, es gelingt uns nicht mehr in allen Bereichen. Hier hat sich die Welt ziemlich verändert und denen, die sagen, es genügt, gute Tarifverträge zu machen, wir brauchen keinen gesetzlichen Mindestlohn das untergräbt die Tarifautonomie - das  kommt sowieso vor allem von den Leuten, die vor vier, fünf Jahren noch geschrien haben, sie möchten betriebliche Bündnisse und keine Flächentarifverträge.
 
Aber all denen schreibe ich ins Stammbuch: Wir haben einen gesetzlichen Jahresurlaub von vier Wochen und trotzdem gelingt es uns in den meisten Tarifverträgen sechs Wochen festzuschreiben. Die vier Wochen sind die Auffanglinie nach unten. So ist es auch mit der gesetzlichen Arbeitszeit. Diese beträgt im Durchschnitt 48 Stunden in der Woche und trotzdem gelingt es uns in den meisten Tarifverträgen deutlich unter 40 Stunden in der Woche Tarifverträge abzuschließen. Die 48 Stunden sind die Auffanglinie nach unten.
So will ich, dass wir Tarifverträge abschließen, die deutlich über 7,50 Euro liegen und wo dies nicht gelingt, brauchen wir die Auffanglinie nach unten.

Das stärkt unabhängig von den einzelnen Menschen, die davon betroffen sind, die Inlandsnachfrage und alleine der Nachfrageschub, der durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ausgelöst wird, schafft in Deutschland 100.000 Arbeitsplätze. Das ist es allemal wert.

Nur damit wir wissen, wovon wir reden. Es geht nicht darum, dass wir hier Geld verteilen wollen, das nicht da ist. Es geht darum, dass das Volkseinkommen seit dem Jahr 2000 um über 300 Milliarden gestiegen ist in Deutschland. Davon haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine 80 Milliarden abbekommen. Der Zuwachs an Gewinn- und Vermögenseinkommen ist dagegen um über 220 Milliarden gestiegen. Und darum geht es im Kern.
Es ist genügend Geld da und dieses Geld ist ungerecht verteilt. Das reichste halbe Prozent der Deutschen besitzt ein Viertel des gesamten Geldvermögens. Diese Zahlen sind beliebig fortschreibbar, aber es ist der 1. Mai und ich will, dass wir in der Sonne baden können und nicht in Zahlen.
Aber die Kernfrage bleibt eben, dass diese Gesellschaft noch nie so reich war wie heute, aber eben geschaut werden muss, wo dieser Reichtum eigentlich hinführt.

Ghandi:
„Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“

Die Lohnquote ist inzwischen auf ein historisches Tief von noch 64,6 % gefallen. Das heißt, Krankenkassenbeiträge, Rentenversicherungsbeiträge werden von immer weniger Einkommen bezahlt. Aber krank sind wir trotzdem.

Gesundheitsfonds
Mobilitätsorientierter Risikostrukturausgleich
Kritisch
Alter, Geschlecht reicht nicht
Wettbewerb um gute Versorgung nicht Wettbewerb um gesunde Versicherte.
Caspers-Merck – die Leute haben es nicht verstanden –
Wir verstehen das sehr wohl! Aber wir sind dagegen – das hat Frau Caspers-Merck nicht verstanden.
 

Beschert hat uns das Ganze im Wesentlichen auch die Hartz-Gesetzgebung. Seit Hartz IV, seit nahezu jede Arbeit zu nahezu jedem Lohn zumutbar ist, seitdem sind die Löhne im freien Fall nach unten. Das Arbeitslosengeld II hat seit seiner Einführung 2005 real um 8 % an Kaufkraft verloren. Mit Erhöhungen von einem halben Prozent für das letzte Jahr und einem Prozent für dieses Jahr, wird das nicht ausgeglichen. Ein Gesetz voller Unzulänglichkeiten und ein Effekt der Unzulänglichkeiten von Hartz IV ist die Vielzahl von Klagen vor dem Sozialgerichten. Wenn Bescheide nicht verständlich sind, nicht nachvollziehbar sind, dann wir der Rechtsweg beschritten. Es ist ein Unding, wenn Justizminister aus dem gelb-schwarzen Lager den Rechtsweg durch hohe Kosten verbauen wollen.

Eigentum verpflichtet. Das heißt auch, dass sich an der Finanzierung des Staates alle im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit beteiligen und nicht das Geld nach Liechtenstein tragen, um Steuern zu sparen und letztendlich die Aufgaben des Staates nur noch von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern finanzieren zu lassen. Dann laut zu klagen, wie schlecht die öffentliche Daseinsvorsorge ist und die eigenen Kinder in private Kindergärten für 1.000 Euro im Monat schicken und anschließend in private Schulen, die nicht billiger sind. Für den Fall, dass dann eine Neid-Debatte hochkommt, wohnt man in abgeschotteten Wohnvierteln mit privaten Wachdiensten.

Der Anteil der Massensteuern, also Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Mineralölsteuer, am gesamten Steueraufkommen betrug 1960 37,5 % und im Jahr 2000 74,2 %. Der Anteil der Gewinnsteuern im gesamten Steueraufkommen sank im gleichen Zeitraum von 34,7 % auf 17,7 %.

So sieht eine solidarische Gesellschaft nicht aus. Wir haben aber die ersten Schritte in eine unsolidarische Gesellschaft getan. Wir müssen zurück. Wir müssen korrigieren. Und lasst uns damit aufhören, dass die Begründung für all diese verlogenen neoliberalen Heilsätze „niedrige Löhne schaffen Arbeitsplätze“ etc. immer die Globalisierung ist.
Die Globalisierung ist nicht das Problem. Das Problem ist, wie sie gestaltet ist. Und wir Deutschen, wir sind nicht die Getriebenen der Globalisierung. Wir Deutschen, wir sind die Treiber. Wir setzen für andere die Maßstäbe.
 
Zum Beispiel beim Thema Rente mit 67. Und ich möchte heute – am 1. Mai 2008 – einige Sätze dazu sagen.
Denn die schlimmen Finger, die die Rente mit 67 durchgepeitscht haben. Die sind schon wieder unterwegs und schwadronieren von der Rente mit 70. Und deshalb müssen wir die Glaubenssätze, mit denen die Rente mit 67 begründet wurde, überprüfen.
Diese Glaubenssätze heißen ja: wir sind so wenig Junge und so viele Alte. Und deshalb müssen wir alle privat vorsorgen. Mir hat noch keiner erklärt, warum die private Vorsorge demografiefester sein soll, als die gesetzliche Vorsorge. Wenn ich eine private Lebensversicherung abschließe, haben wir dann plötzlich mehr Junge und weniger Alte?
Letztendlich muss immer die aktive Generation drei Brote backen.
Ein Brot für die Jungen, die nicht arbeiten, die noch Ausbildung sind. Ein Brot für die Alten, die nicht mehr arbeiten können und sollen und ein Brot für sich selber, die aktive Generation.
Das Problem sind nicht die wenigen Jungen und die vielen Alten. Das Problem ist, dass wir von der aktiven Generation so wenig mitarbeiten lassen. Wir haben in Deutschland 58 Millionen Menschen zwischen 18 und 65 Jahren. Davon gehen gerade mal 28 Millionen einer sozialversicherten Tätigkeit nach. Teilzeitarbeit, Arbeitslosigkeit, miese Kinderbetreuung - das ist der Kern des Problems und nicht die Alten. Und wir dürfen auch nicht über jedes Stöckchen, das uns von interessierter Seite, von der von Arbeitgebern finanzierten neuen sozialen Marktwirtschaft hingehalten wird, springen. Wenn Roman Herzog, halbe und ganze Seiten in der Bildzeitung geschenkt bekommt, zur Verkündung „Die Alten beuten die Jungen aus“. Wie alt ist eigentlich Roman Herzog und wessen Geld vervespert er?
Was hier passiert ist, dass unsere Altersversorgung auch noch dem Kapital zum Fraß vorgeworfen werden soll.
Die gesetzliche Rente wird diffamiert, die gesetzliche Rente wird gekürzt, die gesetzliche Rente wird schlechtgeredet.

Es ist schon richtig: aus Hungerlöhnen werden Hungerrenten und deshalb müssen wir schauen, dass die Leute ordentliches Geld verdienen, dass sie ordentlich versichert sind, damit sie eine auskömmliche Rente haben. Aber wer 1.000 Euro Brutto im Monat verdient, hat sicherlich kein Geld, um noch privat vorzusorgen und eine betriebliche Altersversorgung haben im Moment die wenigsten Beschäftigten in Deutschland. Auch die wenigsten Rentnerinnen und Rentner.
Und deshalb müssen wir schon die Kernfrage stellen. Die Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung ist einzig und alleine Beiträge einzunehmen und Renten- und Reha-Leistungen zu organisieren und zu finanzieren. Der Zweck jeder privaten Rentenversicherung – jeder – ist ausschließlich, das Geld der Anteilseigner zu mehren und sonst nichts.
Und deshalb sage ich, die Rente mit 67 ist nur ein Rentenkürzungsprogramm und deshalb werden wir gegen die Rente mit 67 weiter vorgehen.
Der Konflikt in diesem Land ist kein Konflikt Jung gegen Alt. Der Konflikt in diesem Land ist ein Konflikt Reich gegen Arm. Und diesen müssen wir klären.

Und dazu brauchen wir starke Gewerkschaften!

Was wir brauchen, ist mehr und bessere Arbeit für die Eltern, Löhne mit denen sie ihre Kinder ernähren können, bessere Rahmenbedingungen, mit den die Menschen Arbeit und Familie unter einen Hut bekommen und Kindertagesstätten, die den Eltern nicht Kosten verursachen, sondern Belastungen senken. Und die Kindergärten und Schulen müssen gut ausgestattet sein, damit sie für die Kinder aller Beschäftigten, aller Bevölkerungsschichten bessere Bildungs- und Einkommenschancen eröffnen.

1.000 Milliarden Euro wurden von den Bankern dieser Welt verzockt. Wessen Geld? Was könnte man damit alles machen?

Frieden

Heute – am 1. Mai 2008 – erinnern wir uns daran, dass 1933 – also vor 75 Jahren – Hitler per Ermächtigungsgesetz die Macht an sich nehmen konnte. Dass am 2. Mai 1933 - morgen vor 75 Jahren – die Gewerkschaftshäuser gestürmt, die Gewerkschaften enteignet, ihre Repräsentanten und Funktionärinnen und Funktionäre verhaftet und abtransportiert wurden.
Und am Ende 60 Millionen Tote, davon 6 Millionen tote Jüdinnen und Juden standen. Und deshalb stehen wir hier mit dem Auftrag derer, die damals geschunden und getötet wurden und derer, die überlebt haben und die nach dem Krieg die Gewerkschaften wieder aufgebaut haben.
Für sie stehen wir hier und sagen: wehret den Anfängen und verbietet die NPD. Ein Verbot kann sicher nur ein Anfang sein. Mann muss klar machen, diese Partei steht in ihren Zielen nicht auf dem Boden dieses Grundgesetzes. Diese Partei darf nicht mit staatlicher Wahlkampfunterstützung ihre Hetzparolen in Schulen und in die Gesellschaft tragen. Natürlich weiß ich, Parteien kann man verbieten. Vorurteile, soziale Ausgrenzung, Vorbehalte gegen anders Aussehende, anders Denkende, kann man nicht verbieten. Hier muss mehr geleistet werden.
- Thüringens neuer Kultusminister
- NPD-Hotel in Karlsruhe

Auch wir in Deutschland brauchen einen sozialen Ausgleich, damit die rechten Rattenfänger keinen Nährboden finden.

Auch im Tibet-Konflikt zeigt sich einmal mehr, wie ohne sozialen Ausgleich ein Land an den Rand eines Bürgerkrieges gerät.

Ende

Gier.

Grundgesetz/Widerstandsrecht Artikel 20:

„(1)
Die Bundesrepublik  Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
……
 (4)
Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

„Auf der Fahne, die über dem revolutionären Auftakt der Moderne wehte, stand nicht Geld, Macht und Sex, sondern Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – oder für uns: Freiheit, Gleichheit, Solidarität“

Danke!
Schönen 1. Mai