Silke Ortwein
Regionssekretärin DGB Region Nordwürttemberg
 
 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde

Ich darf Sie / ich darf Euch alle hier in Heilbronn zur Gedenkstunde anlässlich des heutigen Antikriegstages im Namen des Friedensbüros Heilbronn und des DGB begrüßen.
 

Ja liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde!

20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges und 65 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki lagern weltweit noch immer 23.000 Atomwaffen, viele davon jederzeit einsatzbereit.
Deutschland ist dabei nicht außen vor: mindestens 20 einsatzbereite US-Atomwaffen sind weiterhin in Büchel (Eifel) – also auf deutschem Boden stationiert.
Und wir hier in Heilbronn wissen leider nur zu gut, was das bedeutet: Durch das Unglück einer Explosion der ersten Treibstufe einer Pershing- II- Rakete vor 25 Jahren, erlangte die Heilbronner Waldheide auf erschreckende Weise überregionale Bekanntheit.
Wir fordern die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Zielsetzung umzusetzen, dass die in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffen abgezogen werden und Deutschland atomwaffenfrei wird.
Und  die Chancen auf eine weltweite atomare Abrüstung scheinen zu steigen: Der Friedensnobelpreisträger und US-Präsident Obama verfolgt trotz aller Widerstände seine Vision einer atomwaffenfreien Welt und ändert die Atomstrategie der USA grundlegend. Anlass zu Hoffnung gibt auch das Projekt „Kernwaffenfreie Zone Nahost“ der Staatengemeinschaft.
Doch es geht nicht nur um die atomare Bedrohung der Menschen hier bei uns und in der ganzen Welt: Noch immer sind es vor allem konventionelle Waffen mit denen tagtäglich viele Menschen getötet oder verletzt werden. Und leider viel zu selten gibt es gute Nachrichten zum Thema Abrüstung wie das vor wenigen Wochen in Kraft getretene Abkommen zum Verbot von Streubomben, deren verheerender Einsatz zu besonders vielen zivilen Opfern führt.
Eigentlich ist die Erkenntnis alt – und dennoch ist sie aktuell wie eh und je: Waffen schaffen keinen Frieden!
Dies erfahren und spüren zum Beispiel auch die Menschen in Afghanistan jeden Tag. Der Krieg in Afghanistan ist mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen. Die Zahl auch und gerade der zivilen Opfer übertrifft die schlimmsten Befürchtungen. Wir fordern deswegen mit allem Nachdruck den Bundeswehreinsatz schnellstmöglich zu beenden und Afghanistan beim Aufbau einer Zivilgesellschaft zu unterstützen.
Unser Ziel bleibt weiterhin: “Frieden schaffen – ohne Waffen“. Doch genau diese Erkenntnis ist in Gefahr: Während der Unterricht in den Schulen durch Stellenkürzungen und Lehrermangel gefährdet ist, wird in einer Vereinbarung zwischen Landesregierung und der Bundeswehr ein neuer „Inlandseinsatz“ vereinbart:
Da betraut die Landesregierung ausgerechnet das Militär mit Schulunterricht und Lehrerbildung zu den Themen „Sicherheitspolitik“, „globale Konfliktverhütung“, „Krisenbewältigung“ und „nationale Interessen“.
Und: In den berufsbildenden Schulen wird intensiv um Nachwuchs für die Bundeswehr geworben. Wir lehnen dieses „Werben für das Sterben“ entschieden ab und plädieren für eine Pädagogik des Friedens an unseren Schulen!
 

Wir alle wollen in einer friedlichen Welt leben: das friedliche Mit- und Nebeneinander von Menschen ist das Ziel, doch wir werden dieses Ziel nur erreichen können, wenn die Verteilung von Wohlstand innerhalb und zwischen Staaten gerechter wird.
Die Weltfinanz- und -wirtschaftskrise indes hat die Ungleichheiten, die sozialen Verwerfungen, die Ungerechtigkeiten und sozialen Probleme weiter verschärft. Wir müssen erkennen, dass eine ganze Generation um ihre Zukunft gebracht wurde und die Gefahr von Konflikten, Krisen und Kriegen täglich in aller Welt – aber auch bei uns vor der Haustüre, steigt.
Die Weltwirtschaftskrise ist eben längst keine isolierte Krise mehr: Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, Ernährungskrise und Klimakrise steigern sich gegenseitig in ihren Folgen für die Ärmsten der Armen, deren Zahl täglich steigt. Kriege um die knapper werdenden Ressourcen ziehen steigendes Elend nach sich.  Diejenigen, die nicht bereit sind, die Ressourcen so zu verteilen, dass den Menschen ein Überleben möglich ist, machen sich schuldig an den daraus folgenden Auseinandersetzungen und den Opfern im Kampf ums nackte Überleben.
Es ist eine traurige Erkenntnis: Wenn wir Iran, Irak, Gazastreifen, Liberia, Sudan, Elfenbeinküste, Nigeria, Tadschikistan, Nordkaukasus, Nordkorea, Kolumbien, Mexiko benennen, sind dies nur einige und längst nicht alle Brennpunkte.
Nur Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit, der Kampf gegen Durst, Hunger und Ausbeutung sowie das Streiten für sozialen Fortschritt, gerechte Ressourcenverteilung und ungeteilte Menschenrechte werden dauerhaften Frieden schaffen.
Und noch etwas:
Krisenzeiten bergen eine weitere  - eine politische Gefahr – Das können wir aus den dunklen Zeiten unserer Geschichte lernen: Nach den Erfahrungen von Krieg und Faschismus fordert der DGB mit allem Nachdruck ein Verbot der NPD. Denn die Nazis werden immer perfider, ihre Tarnung wird besser! Nicht nur anderswo! Und deshalb sage ich:  Alte und neue Nazis haben keinen Platz in unserem Land!
Heute ist der 1. September – Antikriegstag! – ein Tag an dem wir uns auf unserer aller tiefe Sehnsucht nach Frieden besinnen: In allen Ländern dieser Erde leben Menschen, die ein Recht auf ein friedliches Zusammenleben haben – die sich für sich und ihre Familien Frieden wünschen - Waffen, das wissen wir alle,  schaffen keinen Frieden, keine Demokratie, keine Sicherheit und keine Gerechtigkeit
Es bedarf jedoch mutiger Menschen, die den ersten Schritt tun: die Waffen ablegen und Hände reichen – Menschen, die bereit sind ihren Wohlstand zu teilen, sich für Gerechtigkeit zu engagieren und dies auch praktisch zu leben. Es bedarf Menschen, die nicht nachlassen im einzig wirklich wichtigen und legitimen Kampf: Dem Kampf um Frieden.

(es gilt das gesprochene Wort)